Das Juni-Hochwasser dieses Jahres hat uns veranlasst, unseren Leitantrag für das kommende Jahr 2014 dem Thema Ökologischer Hochwasserschutz zu widmen.
Während in Grimma an der Mulde der Wasserpegel noch höher stand als beim des "Jahrhunderthochwasser" im August 2002, blieb Leipzig von katastrophalen Schäden weitgehend verschont. Dies war vor allem dem einmaligen Umstand zu verdanken, dass der Zwenkauer See sich noch in Flutung befand und deshalb einen Großteil der Wassermassen, die die Weiße Elster aus ihren Zuflussgebieten herantrug, vor den Toren der Stadt aufnehmen konnte. Dieser Joker ist nun weitgehend ausgespielt – und das nächste Hochwasser kommt mit Sicherheit!
Seit 2002 wurde in Sachsen eine halbe Milliarde Euro nahezu ausschließlich in technische Anlagen zum Hochwasserschutz investiert. Der natürliche Hochwasserschutz mit dem Schwerpunkt der Auenrenaturierung wurde hingegen sträflich vernachlässigt. Die Ereignisse im Juni 2013 haben nun deutlich gezeigt, dass allein der Bau neuer Deiche – ohne die gleichzeitige Schaffung ausreichender Retentionsflächen und Renaturierung von Flussauen – keinen ausreichenden Schutz vor Hochwasser bietet. Die Probleme werden von den Flussober- an die Flussunterläufe verlagert, mit enormen ökologischen und ökonomischen Folgeschäden.
Der BUND und andere Umweltverbände fordern seit Jahren von der Sächsischen Landesregierung eine Neuausrichtung der Hochwasserschutzpolitik in Sachsen, weg vom einseitig technischen zum vorbeugend ökologischen Hochwasserschutz (Auenrenaturierung, Schaffung von Überflutungsflächen, Deichrückverlegungen) in Verbindung mit technischen Maßnahmen, wo diese angebracht sind. Die Schaffung zusätzlicher Feuchtgebiete wäre zudem ein wertvoller Beitrag zum Schutz bedrohter Tier- und Pflanzenarten.
Allgemeine Forderungen zum Ökologischen Hochwasserschutz:
Erarbeitung eines Länder- und Staatsübergreifenden Konzeptes zum Ökologischen Hochwasserschutz von den Entstehungsgebieten des Hochwassers bis zu den Unterläufen der Flüsse und die zügige Umsetzung der beschlossenen Maßnahmen.
- Verlagerung des Schwerpunktes vom technischen zum ökologischen Hochwasserschutz, damit verbunden: Ausweisung und Umwidmung von Fördergeldern.
- Schaffung von Retentionsfläche: Erhöhung des Anteils von derzeit 5-15% auf mindestens 30% in den Flussauen.
- Erst- und Wiederaufforstungen in den Hochwasserentstehungsgebieten mit standortangepassten Gehölzen.
- Standortangepasste landwirtschaftliche Nutzung von Retentionsflächen durch mehrjährige bodendeckende Kulturen oder Dauergrünland, um Einsickerung von Oberflächenwasser zu fördern und Verschlämmung und Bodenabtrag zu vermeiden – bei zügig durchgeführten Ausgleichsverfahren im Schadensfall.
- Stopp der weiteren Flächenversiegelung in den Einzugsgebieten und in den Auenlandschaften, keine weitere Ausweisung von Bau- und Gewerbegebieten in den Flussauen, Rückbau versiegelter Industriebrachen, kritische Überprüfung von Straßenbauprojekten auf deren Notwendigkeit.
- Reduzierung der Flächenversiegelung von aktuell 8 ha/Tag (entspricht rund 8 Fußballfelder, bzw. 2920 ha/Jahr) auf 2,4 ha/Tag.
Ökologischer Hochwasserschutz in Leipzig:
Die Stadt Leipzig liegt im ausgedehnten Durchflussgebiet der Flüsse Weiße Elster, Pleiße, Luppe, Nahle und Parthe auf einer mittleren Höhe von 113 Meter über NN. Durch die Rekultivierungsmaßnahmen der ehemaligen Braunkohletagebaue im Süden Leipzigs und die damit verbundene Auffüllung des Cospudener Sees, des Markkleeberger Sees, des Störmthaler und des Zwenkauer Sees ist der Grundwasserspiegel annähernd wieder auf sein ursprüngliches Niveau gestiegen.
Der ökologische Hochwasserschutz hat daher in Verbindung mit dem bereits geschaffenen technischen eine größere Bedeutung als je zuvor.
- Vorrang des Hochwasserschutzes bei der Flächennutzung
- Erhalt des FFH-Gebietes „Leipziger Auensystem“
- Absenkung der Wehrschwelle des Nahle-Auslasswehrs - dadurch Nutzung der Burgaue als Überschwemmungsgebiet
- Nutzung und Ausbau der Luppe-Aue als Polder
- Verknüpfung und Revitalisierung der Luppe-Aue als Fließpolder
- Wiederherstellung des verschütteten Elster-Altarmes
- Wissenschaftliche Begleitung der hydrologischen, geologischen, forstbotanischen und botanischen Prozesse der Renaturierung
- Maßnahmen in Zusammenarbeit mit den Städten Markkleeberg und Schkeuditz umsetzen
Schlussfolgerungen:
Ökologischer Hochwasserschutz ist kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit um die Wirkung technischer Maßnahmen zu gewährleisten.
Ökologischer Hochwasserschutz steht nicht in Konkurrenz zum technischen Hochwasserschutz sondern stellt die zweite Säule der Absicherung dar.
Hochwasserschutz kann nicht gegen die Natur betrieben werden, sondern die natürlichen Möglichkeiten der Wasserrückhaltung müssen ausgeschöpft werden.
Die Ziele der Klimakonferenz müssen ernst genommen und umgesetzt, anthropogene Einflüsse auf den Klimawandel wirkungsvoll eingedämmt werden.
Hochwasser die sich in Jahrhundertereignissen bemessen (HQ 100), lassen in Zeiten von Klimawandel, Flussbegradigungen und Flächenversiegelungen eben keine 100 Jahre mehr auf sich warten – deshalb: Ökologischer Hochwasserschutz jetzt!