Leipzig 13. Februar. Am gestrigen Abend lud der BUND Leipzig zu einer Podiumsdiskussion im Zuge der bevorstehenden Bundestagswahl ein für den Wahlkreis Süd. Dabei stellten sich die Vertreter*innen der Parteien vom Leipziger Wahlkreis Süd vier Fragen aus dem Themengebieten Natur-, Umwelt- und Klimaschutz und diskutierten diese anschließend.
Die Teilnehmenden waren: Christian Aegerter von der CDU, Peter Jess von der FDP, Monika Lazar vom Bündnis 90/Die Grünen, Nadja Sthamer von der SPD, Marco Böhme von der Linkspartei und Dr. Hendrik Rudolph vom BSW. Die gut besuchte Veranstaltung mit rund 80 Zuhörenden wurde von Lisa Falkowski aus dem Vorstand der BUND Regionalgruppe Leipzig moderiert.
Nach kurzer Vorstellung der Vertreter*innen ging es mit der ersten Frage des Abends zum Thema Globaler Biodiversitätsschutz los: Welche Maßnahmen planen die jeweiligen Parteien, um den Schutz der Biodiversität zu fördern und den Verlust von Arten und Lebensräumen zu stoppen?
Mit großer Einigkeit bezüglich der großen Bedeutung des Artenschutzes nahmen die verschiedenen Vertreter*innen das Thema auf. Dabei benennt Marco Böhme den Fakt, dass eine unglaubliche Zahl von 100 Arten pro Tag verschwinden. Er und seine Partei wollen Einfuhrverbote aus Ländern, die den Regenwald abholzen. Einen ähnlichen Ansatz vertritt auch Nadja Sthamer, die für das Lieferkettengesetz plädiert. Sie verweist auf Maßnahmen, die die Ampel durchgebracht hat. Auch wenn Dr. Hendrik Rudolph laut eigener Aussage überfordert ist, versucht er durch seine Privatmeinung, wie auch in weiten Teilen des restlichen Abends zu überzeugen. Das selbstbeschriebene Nachhaltigkeitsvorbild seiner vier Kinder will Moore schützen und auch wiederherstellen.
Nachdem Monika Lazar noch ihren Dank für die Veranstaltung eines Wahlpodiums exklusiv für Natur-, Klima- und Umweltthemen zum Ausdruck bringt, fordert Nadja Sthamer „mehr Kohle“, lenkt aber sofort zu ihrer unglücklichen Formulierung für „Geld“ ein. Die Diskussion geht dann richtig los, als Christian Aegerter von einem Publikumseinwurf darauf hingewiesen wird, dass seine Forderungen in 16 Jahren Regierungszeit angeblich längst hätten umgesetzt werden können. Vorher machte er sich für Blühstreifen stark, die es vor allem in Bayern zureichend gibt. Marco Böhme steigt dankend auf den Einruf ein und schildert seine 10-jährige Erfahrung im Umweltschutzauschuss des Bundestags. Dort haben zwar sämtliche Experten gesprochen, aber Maßnahmen wie zum Beispiel Blühstreifen seien immer an der CDU gescheitert. Daraufhin gesteht Aegerter ein, nicht für die gesamte Partei sprechen zu können.
Weiter ging es mit einer Frage zum Thema Chemikalien und Verschmutzung: Welche Maßnahme planen die Parteien, um die Belastung von Mensch und Umwelt durch Chemikalien zu reduzieren und den Übergang zu einer giftfreien Kreislaufwirtschaft zu fördern? Peter Jess legt direkt los und muss zugeben, dass das FDP-Wahlprogramm dahingehend sehr schwach aufgestellt ist. Für seine Ehrlichkeit wird er umgehend mit einem großen Applaus vom Publikum belohnt. Für Frau Lazar muss weiterhin der Mehrwegansatz verfolgt werden, dabei kann jeder mitmachen. Ihre Partei setzt sich darüber hinaus für die Verpackungssteuer ein. Sthamer spricht erneut das Lieferkettengesetz an und fordert FDP und Konservative auf, damit aufzuhören, Gesetze in diese Richtung auszubremsen. Herr Aegerter, der mit seiner Partei gegen ein Lieferkettengesetz ist, möchte eine Lanze für die Chemieindustrie brechen. Man sollte sie nicht verteufeln, schließlich ist sie sehr wertschöpfend und ein großer Standortfaktor in Deutschland. Besorgt blickt er auch auf die Entwicklung Deutschlands, man sei nur noch stark im Regulieren, nichtmehr im Entwickeln.
Nach etwas Diskurs über die Nachhaltigkeit der Wahlplakate wirbt Peter Jess noch einmal für die Entbürokratisierung. Insgesamt weicht die Diskussion leider etwas vom Thema ab und Lisa Falkowski muss hin und wieder einschreiten. Beendet wurden die 10 Minuten letztlich von Herrn Rudolph, der offen fragt, ob wir (Deutschland) nicht schon hohe Umweltstandards haben, was mit einem klaren „Nein“ beantwortet wird.
Die dritte Frage des Abends behandelt das Thema Klimagerechtigkeit: Wie stellen die Parteien sicher, dass Deutschland seiner globalen Verantwortung im Klimaschutz gerecht wird? Monika Lazar sagt, dass die letzte Regierung ihre Ziele im Klimaschutz zum ersten Mal erreichen konnte. Sthamer fährt fort: „Die neue Regierung muss da anfangen, wo die letzte aufgehört hat.“. Projekte wie zum Beispiel der Klimabonus, erklärt Herr Aegerter anschließend, würden Anreize für eine CO2-ärmere Produktion schaffen. Dies sei Teil des Weges, um dem Ziel der Klimaneutralität näher zu kommen. Auf die besondere Verantwortung Deutschlands kommt dann Marco Böhme zu sprechen. Als viertreichstes Land der Welt (Gesamtvermögen) habe Deutschland nicht nur die Möglichkeit zu Handeln, sondern auch einen „historischen Bauch“, also bereits in der Vergangenheit viele Emissionen verursacht. So habe man auch eine größere Verantwortung als zum Beispiel China.
Die folgende Diskussion bringt wieder einmal tosenden Applaus hervor. Denn nachdem Herrn Rudolph die „sozial Schwachen“ unterstützen will, kann sich Böhme nicht halten und spricht sich klar gegen diese Formulierung aus. Es seien arme, nicht schwache Menschen. Sozial arm ist in seinen Augen eher Christian Lindner, ergänzt er noch. Zurück zum Thema erklärt Frau Sthamer, dass die Ampel der Frage nach klimaschädlichen Investitionen nachgehen wollte, allerdings von der FDP ausgebremst wurde. Zudem muss die Schuldenbremse weg, denn sie sei eine „Zukunftsbremse“. Peter Jess wirft anschließend noch den Personalmangel in den Raum, schließlich bräuchte man ausreichend Fachkräfte, um Veränderungen zu schaffen, nicht nur Geld.
Bei der letzten Frage ging es schließlich noch um Suffizienz: Welche Ansätze verfolgen die Parteien, um Suffizienz als Leitprinzip in der Wirtschaftspolitik zu verankern und vom Paradigma des unbegrenzten Wachstums abzurücken? Sowohl Investitionen in nachhaltige Wirtschaft als auch strenge Gesetzte à la Lieferkettengesetz braucht es für Nadja Sthamer, um eine ökologische Entwicklung durch das Wachstum zu erschaffen. Herr Böhme macht mit einem Beispiel rund um Kühlschränke weiter. Diese seien zwar in den letzten Jahrzehnten um ein Vielfaches effektiver geworden, allerdings auch doppelt so groß. Es komme also nicht nur auf nachhaltigen, sondern auch geringeren Konsum an. So wäre es dann auch nötig Großverbraucher beziehungsweise Großbesitzer zur Kasse zu bitten. Die CDU, erzählt Aegerter, tue sich schwer, Menschen vorzuschreiben wie sie zu leben haben. Man wolle nicht dirigistisch vorgehen, sondern eher mit Förderungen arbeiten.
In der letzten Diskussion des Abends erklärt Frau Sthamer, dass die Innovation verschlafen wurde. Außerdem seien Forderungen wie zum Beispiel die nach Atomkraft von vorgestern. Dem schließt sich auch Herr Aegerter an, der behauptet, das Thema Atomkraft sei längst vergessen. Herr Böhme zeigt sich darauf sehr überrascht, im Bundestag wolle doch die CDU Atomkraftwerke, obwohl auch er findet, diese seien von vorvorgestern. Auch Hendrik Rudolph überrascht nochmal mit der Aussage, dass das BSW keine Atomkraft will. Nadja Sthamer saß allerdings im Bundestag und hat sämtliche Anträge von der CDU und dem BSW dahingehend mitbekommen, Herr Rudolph stimmt jedoch nicht ein, aber sagt, die Abschaltung kam zu zeitig.
Zum Ende der Veranstaltung wurden noch zwei spannende Zuschauerfragen gestellt, diese und die ausführlichen Debatten und Argumente der Vertreter*innen können Sie auf unserer Website: https://www.bund-leipzig.de/bundestagswahl nachschauen. Dort wird in den kommenden Tagen die gesamte Videoaufzeichnung hochgeladen.
Der BUND Leipzig gibt als überparteiliche Organisation keine Wahlempfehlung ab.